Themenbeitrag
Energetische Sanierung: Notwendig, aber teuer – was tun?
Beim Thema Energie kann einem in der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft derzeit schwindelig werden. Mit der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG), ihren kurzfristigen Umsetzungsfristen und kaum erreichbaren Fördermitteln, ist die Branche am Anschlag. Dennoch: Rasant gestiegene Energiekosten lassen sich nicht wegdiskutieren, ebenso wenig wie der notwendige Beitrag der Immobilienwirtschaft an der Energiewende. Fakt ist: Von den knapp 19 Millionen Wohngebäuden in Deutschland ist der Löwenanteil mit rund 12,4 Millionen Gebäuden 1979 oder früher errichtet worden – und damit mindestens 44 Jahre alt.
(Quelle: Statistikportal)
Niedrige Sanierungsraten
Die Sanierungsraten sind zudem gering: „Nach einer Studie des Instituts Wohnen und Umwelt (IWU) aus dem Jahr 2018 lag die jährliche Modernisierungsrate beim Wärmeschutz im Wohngebäudebestand im Zeitraum 2010 bis 2016 im Mittel bei rund 1 % pro Jahr. Im Altbaubestand bis Baujahr 1978, der einen höheren Energieverbrauch verzeichnet als die Wohngebäude mit jüngerem Baualter, lag die Gesamtrate bei 1,4 % pro Jahr“, ist auf den Seiten des Umweltbundesamts zu lesen.
(Quelle: Umweltbundesamt)
Rasant steigende Baukosten
Es gibt also Einiges beim Thema zu tun. Was das Thema energetische Sanierungen nicht einfacher macht, sind die Begleiterscheinungen wie mangelnde Handwerkerressourcen und gestiegene Baukosten. Der Baupreisindex für Wohngebäude zeigt, dass sich die Preise für Wohngebäude im Zeitraum 2010 bis 2021 um 41 % erhöht haben. Die Preise für Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Eigentumswohnungen sind im gleichen Zeitraum sogar um rund 84 % gestiegen. (Quelle: Destatis)
Doch es hilft nichts: Immobilien sind eine wesentliche Stellschraube zum Gelingen der Energiewende. Das zeigt auch folgende Aussage aus dem dena-Gebäudereport 2023:
„Rund 80 % der Wärmeerzeuger verwenden fossile Energieträger (Öl, Gas, Kohle). Während die Anzahl an Öl- und Gas-Heizwertgeräten und kohlebetriebenen Anlagen eher rückläufig ist, steigt die Zahl an Gas-Brennwertgeräten weiterhin an.“
Kosten der energetischen Sanierung
Aufgrund der unterschiedlichen energetischen Ausstattungen der Gebäude können keine festen Aussagen über die Kosten von energetischer Sanierung getroffen werden. Allgemein werden die Kosten für eine Sanierung eines Gebäudes pro Quadratmeter des Hauses angegeben, dabei unterscheiden diese sich jedoch nochmal je nach Sanierungsform:
Bezug: Gebäude
- Wann wurde das Gebäude erbaut?
- In welchem Zustand befindet sich das Haus?
- Wurde es in der Vergangenheit bereits saniert?
- Welche Größe besitzt das Haus?
Bezug: Vorstellungen der Hausbewohner
- Welche Sanierungsmaßnahmen müssen durchgesetzt werden?
- Welche Materialien werden dafür benötigt?
- Was soll mit den Sanierungen bezweckt werden?
Lassen Sie sich jedoch durch die hohen Kosten nicht abschrecken, denn aufgrund der eingesparten Heizkosten als Folge auf die Sanierungsmaßnahme(n), rentieren sich die Kosten nach einiger Zeit.
Potenzielle Fördermittel
Aufgrund der hohen Energiepreise wird vermehrt zum Umdenken aufgefordert. Fördermittel können zur Reduktion der Sanierungskosten beitragen, was dazu führt, dass vermehrt Sanierungen durchgeführt werden können. Aktuell können im Rahmen der energetischen Sanierung folgende Bereiche gefördert werden:
- Einbau einer neuen bzw. Optimierung einer bestehenden Heizungsanlage (insofern diese älter als zwei Jahre ist)
- Verbesserung der Gebäudehülle (Dämmung, neue Fenster & Türen)
- Einbau einer energieeffizienten Lüftungsanlage
- Fachliche Beratung & Planung der Sanierung durch einen Experten
- Einbau von digitalen Systemen zur Optimierung des Verbrauchs
Quelle: Energiewechsel.de
Folgende Förderungen haben sich bereits etabliert:
- Zuschüsse durch den Staat bei fachgerechter Sanierung in Form einer einmaligen Zahlung oder einem Kredit
- Regelung der Sanierung von Bestands- und Neubauten durch die Bundesförderung für effiziente Gebäude
- KfW 261: Aufnahme eines Kredits für bis zu 150.000 Euro für den Neubau, Kauf bzw. die Sanierung zum Effizienzhaus
- BAFA BEG EM: Zuschüsse für
– Dämmung und neue Fenster bzw. Türen (15 % der förderfähigen Kosten)
– Heizung, die auf erneuerbaren Energien basiert (10-40 %)
– Solarthermie (25 %)
Energieeffiziente Häuser
Auch bei Neubauten gibt es zahlreiche Möglichkeiten energieeffizient zu bauen, dabei kann man zwischen folgenden energieeffizienten Baukonzepten unterscheiden:
- Plusenergiehaus: Beim Plusenergiehaus wird mehr Energie produziert, als die Hausbewohner verbrauchen. Der Grund dafür sind eine optimierte Dämmung und eine energieeffiziente Heiz- und Solaranlage. Die überschüssige Energie kann für einen späteren Zeitpunkt verwendet oder ins öffentliche Netz eingespeist werden. Dadurch können weitere Sektoren wie bspw. die Industrie die Energie nutzen.
- Nullenergiehaus: Ein Nullenergiehaus produziert dieselbe Menge an Energie, die auch verbraucht wird und ist somit energieneutral. Es besitzt eine sehr gute Wärmedämmung und eine hohe Luftdichte. Im Idealfall ist hier weder bei der Beheizung noch bei der Kühlung der Bezug von Fremdenergie von Nöten.
- Passivhaus: Ein Passivhaus nutzt Wärmequellen, die passiv existieren, wie bspw. Sonnenlicht oder die Wärmerückgewinnung von Lüftungsanlagen. Durch seine optimierte Dämmung kann nur eine geringe Menge an Wärme entweichen. Das Haus stützt sich lediglich auf bereits vorhandene Techniken zur Dämmung und zur Versorgung der Gebäude mit Wärme und ist bekannt für die höchstmögliche Sparung von Energie.
- Niedrigenergiehaus: Bei einem Niedrigenergiehaus ist der Energieverbrauch deutlich niedriger als bei einem Gebäude, das nach dem aktuellen Gebäudeenergiegesetz errichtet wurde. Deutlicher gesagt: Es verbraucht insgesamt ca. 45 % weniger Primärenergie. Ursache dafür sind eine bessere Dämmung des Dachs bzw. der Fassade und eingebaute Wärmeschutzfenster.
Energiewende
Bei all den Herausforderungen und damit verbundenen Kosten ist zudem klar: Die Kostenspirale darf sich mit Rücksicht auf die Mieterschaft nicht noch weiter und schneller drehen, ist sie doch durch zusätzlich gestiegene Lebenshaltungskosten und Inflation finanziell bereits stark belastet. Rigorose Mieterhöhungen können und dürfen nicht die Antwort sein. Der Weg zu mehr Klimaschutz ist steinig und die Maßnahmen gibt es nicht umsonst – sie sind aber dringend erforderlich. Allen Akteuren ist mittlerweile bewusst, dass ein nahezu klimaneutraler Gebäudebestand in 2050 eine Herkulesaufgabe ist, die es gemeinschaftlich zu schultern gilt. Klar ist nämlich auch: Akzeptanz für Maßnahmen gibt es nur dann, wenn sich niemand benachteiligt fühlt.
Klimaintelligente Steuerung von Gebäuden
Wie könnte also die Antwort lauten? Energetische Sanierungen sollten durch smarte, sprich digitale, Maßnahmen begleitet werden. Klimaintelligente Lösungen, die neben dem Messen auch eine aktive Steuerung von Verbräuchen in Gebäuden ermöglichen, sind eine Möglichkeit, die schnell umsetzbar ist und positiv auf Wirtschaftlichkeit, Energieeffizienz und den Klimaschutz einzahlt. Konkrete Anwendungen könnten sein:
Smarte Thermostate
Ein wesentlicher Hebel sind dabei geringinvestive und vor allem sofort wirksame Lösungen mit großem Effekt: Smarte Thermostate z. B. lassen sich mit bestehender Heiztechnik umsetzen und sind schnell installiert. Eine Studie des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) bestätigte jüngst deren Effektivität.
Die Studie „Energieeinsparpotenzial (Bereich Wärme) für Mieter durch den Einsatz Smarter Heizkörperthermostate“ untersuchte im Winter 2022/2023 über 3 Monate die Verbräuche mehrerer Gebäude: zwei mit Smarten Thermostaten teilausgestattete und ein nicht ausgestattetes. Das Ergebnis: Im Vergleich der relativen Wärmeverbräuche haben die ausgestatteten Haushalte einen um durchschnittlich 31,5 % geringeren relativen Wärmeverbrauch. In Relation zu den Gebäudeverbräuchen der vorlaufenden fünf Jahren gesetzt, liegen die Einsparungen der ausgestatteten Wohnungen im Mittel bei 15,5 % (bereinigt um Wettereinflussfaktoren und die allgemeinen, situativen Spar-Effekte durch den Energiepreisschock von 2022).
Smart Meter (Gateways)
Ein anderer nicht zu unterschätzender Hebel sind Smart Meter in Verbindung mit Smart Meter Gateways. Sie ermöglichen es, den Stromverbrauch exakt zu erfassen und zu steuern. Das ist einerseits wichtig für Mieter:innen, um ihren eigenen Stromverbrauch zu überwachen und gegebenenfalls anzupassen, aber auch für Netzbetreiber, um bessere Vorhersagen treffen zu können. Das „Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende“ (GNDEW) soll den Einbau intelligenter Strommesssysteme unbürokratischer und damit schneller möglich machen. Der Bundesrat hat dem Gesetz am 12. Mai 2023 zugestimmt.
Der Ausbau der erneuerbaren Energien, der stärkere Einsatz von Elektroautos im Verkehrsbereich und Wärmepumpen in Gebäuden erfordern eine intelligente Verknüpfung von Stromerzeugung und -verbrauch. Unser zukünftiges Energiesystem wird wesentlich flexibler und damit auch komplexer werden und dafür brauchen wir Smart Meter und eine Digitalisierung der Energiewende.
Ab 2025 ist der Einbau von Smart Metern verpflichtend für Haushalte mit einem Jahresstromverbrauch von über 6.000 Kilowattstunden oder einer Photovoltaik-Anlage mit mehr als sieben Kilowatt installierter Leistung. Bis 2030 sollen sie ausgestattet sein. Weiterer Anreiz: „Spätestens ab 2025 sollen alle Verbraucherinnen und Verbraucher, die Smart-Meter nutzen, von dynamischen Tarifen profitieren: Sie können dann Strom beziehen, wenn er in kostengünstigeren Zeiten mit hoher Erneuerbare-Energien-Erzeugung zur Verfügung steht. Das nutzt nicht nur Verbraucherinnen und Verbrauchern, sondern auch dem Markt und der Netzstabilität“, heißt es von Seiten der Bundesregierung. (Quelle: Bundesregierung)
Fazit
Schon mit geringinvestiven Mitteln lässt sich somit beim Thema Energiewende bzw. Klimaschutz einiges erreichen. Das Wichtigste dabei: Die Mieter:innen werden dadurch finanziell nicht übermäßig belastet und haben einen aktiven Anteil, indem sie z. B. ihren eigenen Verbrauch einsehen und bestenfalls sogar direkt und bewusst steuern können. Das machen begleitende Tools wie App-Lösungen zu Smarten Thermostaten oder Smart Metern möglich. Dass die Mieter:innen sich hier mehr Spielraum wünschen, hat u. a. die Untersuchung „Wohntrends 2040“ des GdW gezeigt: Hier gaben 61 Prozent an, dass ihnen klimabewusstes Verhalten sehr wichtig sei. Ebenfalls 61 Prozent legen Wert darauf, dass sich ihre Vermieter:innen der Nachhaltigkeit widmet. (Quelle: GdW)
So ist die Gemeinschaftsaufgabe Energiewende zwar immer noch eine Mammutaufgabe, aber gemeinsam und schrittweise wird sie handhabbar.