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Themenbeitrag

Berliner Energietage: smarte Thermostatsteuerung bezieht Bewohner:innen aktiv in den Klimaschutz ein

Am 5. Mai 2023 gingen die digitalen Berliner Energietage erfolgreich zu Ende. Mehr als 60 Events fanden an drei Online-Kongresstagen statt. Im Panel „Digital steuern: Wohnungsunternehmen und Mieterhaushalte gemeinsam für die Wärmewende im Gebäudebestand“ diskutierte Dr. Dirk Then, CEO der noventic group, gemeinsam mit Dr. Christian Osthus, Justiziar beim IVD Bundesverband, Ralf Michels, Präsidiumsmitglied des VDIV und Prof. Dr. Kunibert Lennerts, Professor für Facility Management am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) über die Rolle der Bewohner:innen im wohnungswirtschaftlichen Klimaschutz und über Wege, diese in die Wärmewende einzubeziehen.

Ein Thema, an dem die Gesprächsteilnehmer dabei nicht vorbeikamen, war das Klimaschutzgesetz 2045 und die damit einhergehenden Regulierungen der Bundesregierung. Jüngstes Beispiel: die Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes. Die teils kurzen Vorlaufzeiten stellen die Beteiligten bei der Umsetzung vor Herausforderungen, wie auch IVD-Justiziar Dr. Osthus bestätigte: „Wir fügen uns den übergeordneten Zielen des Klimaschutzes. Das muss sein.

Das Problem ist das Tempo, das das Gebäudeenergiegesetz von Eigentümern und Verwaltern einfordert, die es umsetzen müssen. 

Dr. Osthus

Das muss orchestriert werden. Das macht eine Menge Arbeit zusätzlich zu der, die die Verwalter ohnehin haben. Zudem brauchen wir ganz schnell Klarheit. Das ist noch alles relativ dünn und ziemlich vage. Wir wünschen uns schnell Rechtsicherheit, dass der Fuß vom Gas genommen wird, was die Umsetzungen anbelangt, und schnelle klare Perspektiven bezüglich der Finanzierung.“

Blitz-Umfrage mit Schock-Ergebnis

VDIV-Experte Michels ergänzte:

„Wir haben eine große Verunsicherung im Markt, gerade, was das Thema Kurzfristigkeit anbelangt: Eigentümergemeinschaften sind nicht schnell, selbst wenn man versucht schnell zu sein – in der Regel gibt es eine Versammlung im Jahr. Wir haben eine Blitz-Umfrage unter den VDIV-Mitgliedern durchgeführt und gefragt, wie sie die Situation sehen. Das war ein Schock: 96 % haben mitgeteilt, dass sie das finanziell in der Eigentümergemeinschaft nicht umsetzen können. Natürlich ist geplant, die Rücklagenansparung zu erhöhen. Dennoch: Das muss erstmal bezahlt werden, dazu kommt die Personalknappheit – 46 % sagen, sie können das personell in der Kurzfristigkeit nicht stemmen. Wir müssen einen Weg finden, der umsetzbar ist.“

Ralf Michels

Rolle der Mieter:innen findet bislang kaum Beachtung

Unter Berücksichtigung dieser drängenden Aufgaben überrascht es, dass die staatlichen Vorgaben für die Dekarbonisierung des Gebäudesektors überwiegend die bauliche und technische Optimierung betrachten. Kaum mitgedacht wurden bisher die Bewohner:innen.

noventic-CEO Dr. Then dazu: „Es ist wichtig, dass wir uns mit der Bauphysik beschäftigen. Was wir jedoch in den letzten Jahren bei bauphysikalischen Optimierungen der Gebäudehülle oder der jeweiligen Energietechnik gesehen haben, ist, dass das nicht komplett ausreicht.

Die Psychologie des Menschen wird nicht ausreichend berücksichtigt. Gerade in der Immobilienwirtschaft ist die Einbindung der Haushalte aber besonders wichtig!

Dr. Dirk Then

Eine Studie von Prof. Pfnür zeigt: Bewohnerinnen und Bewohner sind sich ihrer Rolle klar bewusst, wollen ins Handeln kommen. Wir berücksichtigen sie in den Lösungen, die wir haben, zu wenig. Wir geben ihnen noch zu wenig Mittel an die Hand.“

Geringinvestiv und sofort verfügbar per Retrofit

Eine Möglichkeit, Bewohnerinnen und Bewohner in die Wärmewende im Gebäudesektor miteinzubeziehen, sind smarte Thermostate. Dr. Then führt aus: „Bezahlbares Wohnen ist aus der politischen Diskussion nicht mehr wegzudenken. Das wird uns die nächsten Jahre noch beschäftigen. Wenn wir an die Einbindung der Bewohner denken, welche Hilfsmittel bekommen sie?

Wenn wir von 6 % Einsparungen bei einem Grad Reduzierung ausgehen, bleibt die Frage: Wie soll ich dieses 1 Grad denn regeln, wenn ich an meinem Thermostat nur die abstrakten Zahlen 1 bis 5 habe?

Dr. Dirk Then

Das ist das, was ich meine, mit der Mietereinbindung: Wir machen es zu schwierig und zu abstrakt. Wir nutzen die Chancen der digitalen Technologie noch zu wenig.“ Smarte Thermostate könnten hierbei helfen: „Was wir brauchen, muss erstens geringinvestiv, zweitens sofort verfügbar sein und vor allem retrofit, also mit bestehenden Heizkörperventilen, funktionieren. In diesem Dreiklang ist die Lösung smarte Thermostate optimal für den großen Gebäudebestand. So lassen sich Energiekosten und Klimabilanz auch für die Gruppe der energetisch schlechtesten Gebäude, die ‘worst performing buildings‘ optimieren. Wenn wir allein auf die Sanierung der Gebäudehülle setzen, werden wir vor dem Hintergrund der Klimaziele nicht schnell genug sein können.“ Sein Fazit: „Das ist eine tolle Lösung, die uns helfen kann, auch sofort Ergebnisse zu erzielen.“

Erfahrungen aus Leuchtturmprojekten

In intensiven Pilot- und Leuchtturmprojekten wurde das Consumer-Produkt speziell auf die Anforderungen der Wohnungswirtschaft angepasst. Bei einem dieser Pilotprojekte konnte Ralf Michels bereits Erfahrungen mit dem weiterentwickelten Gerät machen: „Wir sind auch Bauträger. Wir bauen Ferienimmobilien. Die sind selten bewohnt, die Leute kommen nur zum Wochenende. Bei schlechtem Wetter gar nicht. Damit die Wohnungen und Gebäude nicht unnötig auskühlen, lassen viele die Heizungen einfach durchlaufen. Uns hat das dazu gebracht, die smarten Thermostate einzubauen. Die Bewohner drehen die Heizungen eine halbe Stunde vor Ankunft per App hoch, sind superglücklich, weil sie in eine warme Wohnung reinkommen und haben eine Menge Energie gespart. Wir haben die smarten Thermostate in zehn Wohnungen eingebaut, acht haben mitgemacht, fünf die App aktiv und häufig genutzt.

Ich bin ein großer Freund von smarten Thermostaten. Ich denke: Grundsätzlich ist die Bereitschaft da. Ich würde die versorgen, die Lust darauf haben. Ich glaube das sind mehr, als wir denken.“

Ralf Michels

Wirksamkeit smarter Thermostate wissenschaftlich bestätigt

Die Erfahrungen in der Praxis wurden in der Heizperiode 2022/2023 vom KIT wissenschaftlich untersucht und die Ergebnisse inzwischen in einer Studie veröffentlicht. Die Ergebnisse bestätigen die Erfahrungen aus der ersten Pilotphase. Prof. Lennerts: „Wir haben in einem Zeitraum von drei Monaten zwei mit smarten Thermostaten teilausgestattete Mehrparteienhäuser mit einem nicht ausgestatteten Mehrparteienhaus verglichen. Alle drei Baujahr 1972 und aus der Energieeffizienzklasse D – 19 % aller Mehrfamilienhäuser in Deutschland haben diese Energieeffizienzklasse. Die teilausgestatteten Häuser erzielten im Versuchszeitraum eine Heizenergieeinsparung von 21 % gegenüber dem Referenzobjekt, dem nicht ausgestatteten Mehrfamilienhaus. Allein durch die smarten Thermostate. Wenn wir jetzt hypothetisch annehmen, die Mehrfamilienhäuser wären vollausgestattet gewesen und wir die Werte hochrechnen, hätten wir sogar eine Ersparnis von 31,5 %. Um Sicherzugehen haben wir die Verbrauchswerte in Relation zu den historischen Verbrauchswerden der Gebäude gesetzt. 

Bereinigt um Wettereinflussfaktoren sowie die besonderen Umstände der Energiekrise und das teilweise dadurch geänderte Heizverhalten, weist die Studie für ausgestattete Wohnungen weiterhin eine deutliche Einsparung von 15,5 % aus.“

Prof. Lennerts

Ob die Lösung in der Praxis auch bei denen auf fruchtbaren Boden fällt, die sie schlussendlich beauftragen – also die Vermieterinnen und Vermieter bzw. die Verwalterinnen und Verwalter – bewertete Dr. Osthus so: „Smarte Thermostate kann ich mir absolut vorstellen. Damit kann man die Menschen mitnehmen. Wir empfehlen unseren Mitgliedern smarte Thermostate in den Wohnungen einzusetzen, weil wir der Auffassung sind, dass wir darüber einiges erreichen können.“

Abschlussfazit der Diskussionsrunde zum Thema Digitalisierung

Am Ende der Panel-Diskussion gelang der Gesprächsrunde noch der Schwenk zur Digitalisierung des Gebäudesektors. Dabei waren sich alle einig, dass sie alternativlos ist, um die ehrgeizigen Klimaziele der Bundesregierung zu erreichen. Dr. Osthus‘ Einschätzung: „Der Digitalisierungsgrad unserer Immobilien ist äußerst gering. Die sind entstanden in einer Zeit, als es noch kaum Digitalisierung gab. Wir treiben die Digitalisierung im Gebäudebereich, weil wir hier enormes Einsparpotenzial sehen. Wir wissen aber auch, dass viele Verwaltungen noch zurückhaltend sind, weil sie überfordert sind mit alldem, was sie in ihrer täglichen Praxis haben.“ Dr. Then ergänzte: „Wir gehen hinein in ein Zeitalter, in dem Mieter Ladesäulen im Keller haben. Das sind Situationen, die gab es vor fünf bis zehn Jahren och nicht. Wir sehen eine Konvergenz von komplexen strombasierten Assets in der Immobilie, die wir irgendwie orchestrieren müssen. Das Thema Digitalisierung in der Immobilie ist eines, mit dem sich jeder Eigentümer und Verwalter in den nächsten Jahren beschäftigen muss.

Als Industrieunternehmen haben wir die Aufgabe, Instrumente anzubieten und die Arbeit von Verwaltern und Eigentümern zu erleichtern. Es geht darum, vernetzte Systeme zu bilden.

Dr. Osthus

Wir müssen da hinkommen, solche Systeme mit offenen Schnittstellen bereitzustellen und sie systemoffen und partnerschaftlich zu denken." 

Wir bedanken uns bei den Berliner Energietagen und allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern sowie den Zuschauerinnen und Zuschauern der Live-Übertragung für die gelungene Diskussion.

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Thomas Ahlborn

Head of Corporate Marketing, noventic group

Seit 2013 ist Thomas Ahlborn in unterschiedlichen Positionen für die Unternehmen der noventic group tätig – mit einem thematischen Fokus auf neue Versorgungskonzepte für Quartiere und Gebäude.

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