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Bringt die novellierte Heizkostenverordnung (HKVO) mehr wohnungswirtschaftlichen Klimaschutz?

Ein Meinungsbeitrag von Stephan Bause,
Geschäftsführer der noventic group

Die Diskussion um mehr Klimaschutz in Mietwohnungen verengt sich heute zu sehr darauf, Kosten und Verantwortung hin- und herzuschieben. Dabei stehen über digitale Klimaschutztechnologien längst Lösungen bereit, von denen, neben dem Klima, Mieter und Vermieter gleichermaßen profitieren können. Die Gesetzgebung muss hierfür nur einen für alle sicheren, zukunftsweisenden Rahmen schaffen. Dass viele Mieter bereit sind, einen substanziellen Beitrag zu mehr Klimaschutz zu leisten, zeigt eine aktuelle Studie, die Andreas Pfnür, Professor an der TU Darmstadt, und der im gleichen Fachbereich habilitierenden Dr.-Ing. Nikolas Müller in unserem Auftrag durchgeführt hat. Lesen Sie hier mehr zur Studie: Rolle des Mieters im wohnungswirtschaftlichen Klimaschutz.

Seit rund 40 Jahren regelt die Heizkostenverordnung, kurz HKVO, die verbrauchsbasierte Energieabrechnung im Wohnungsbau. Das Wissen darum, am Ende des Jahres für den eigenen Verbrauch geradestehen zu müssen, führt beim Verbraucher seitdem zu mehr Sparsamkeit. Der jährliche Energiebedarf im Gebäudesektor konnte so seit Einführung der HKVO um rund 20 % gesenkt werden. Damit übernimmt die HKVO auf unserem Weg zum klimaneutralen Gebäudebestand schon heute eine wichtige Rolle.

Die heute, am 05.11.2021 von dem Bundesrat verabschiedete Novelle der HKVO will über die unterjährige – aber maximal monatliche – Verbrauchsinformation nun zusätzlich sensibilisieren und damit Impulse zu noch sparsameren Verhalten geben.

Es ist keine Frage, dass hier dringender Handlungsbedarf besteht. Schließlich zählt der Gebäudebereich aktuell unter den energieintensiven Sektoren zu den Spitzenreitern: Rund 35 % des deutschen Energieverbrauches entfallen auf ihn – 73 % davon allein auf das Heizen. Der bisherige Fokus auf die energetische Optimierung der Gebäudehülle und Energietechnik hat sich als zu langsam und vielerorts zu teuer erwiesen: Seit Jahren liegt die Sanierungsquote im Gebäudebestand weit hinter den avisierten Zielen zurück – zudem werden häufig die berechneten Einspareffekte energetischer Modernisierungen im Realbetrieb nicht erreicht.

Ein schnell wirksamer und minimal-investiver Hebel für die Wärmewende in Mehrparteienhäusern ist die Digitalisierung: mithilfe intelligenter, digitaler Lösungen sowie gesteigerter Transparenz über die eigenen Energieverbräuche.

Warum?

  • Einerseits kann eine intelligente Heizungssteuerung mithilfe aggregierter, anonymisierter Verbrauchsdaten die zentrale Wärmebereitstellung entsprechend dem tatsächlichen Bedarf optimal automatisiert steuern und damit zusätzliche Energieeinsparung schaffen – ohne dabei den Wohnkomfort zu schmälern.
  • Andererseits werden damit für die Bewohner von Mehrparteienhäusern – über z. B. funkintegrierte Messgeräte und Apps – erstmals die technischen Voraussetzungen geschaffen, ihre aktuellen Verbrauchsinformationen und situativ relevante Einspartipps zu bekommen. Nur über ein unmittelbares Feedback kann jede und jeder das eigene Verbrauchsverhalten reflektieren und verbessern. 

Damit macht die Novelle der HKVO einen richtigen Schritt! Allerdings bleibt die Nutzung zeitnaher Verbrauchsdaten, über das Monatsintervall hinaus, aus Datenschutzgründen weiterhin untersagt. Da monatliche Durchschnittswerte aber nur einen begrenzten Rückschluss auf den durch viele Einzelhandlungen hervorgerufenen Verbrauch geben, bleiben viele potenzielle Effizienz-Chancen in Mehrfamiliengebäuden ungenutzt. 

Im Kontext von Klimaschutz muss daher das Thema Digitalisierung und Verbrauchsdaten im Wohnungsbau gesamtgesellschaftlich neu diskutiert und ein zukunftsweisender Rechtsrahmen entwickelt werden.

Dies ist aktuell nicht gewährleistet. Während Nutzer im privaten Smart-Home ihre Daten bereitwillig für mehr Effizienz und Komfort teilen, stehen wir im wohnungswirtschaftlichen Klimaschutzkontext noch ganz am Anfang.

Dass Mieter dafür jedoch offen sind, zeigt eine aktuelle Studie von Andreas Pfnür, Professor an der TU Darmstadt, und dem im gleichen Fachbereich habilitierenden Dr.-Ing. Nikolas Müller. Für mehr Klimaschutz würden zwei Drittel der befragten 1.000 Mieterhaushalte ihre Verbrauchsdaten teilen und ihre Heizungssteuerung der Technik überlassen. Hier können Sie die Kurzfassung der Studie lesen.

Das zeigt uns: Neben der Gebäudehülle können wir über Transparenz auch das Verbrauchsverhalten der Mieter entscheidend für die Energiebilanz eines Gebäudes erschließen. Hier müssen wir jetzt ansetzen.

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