Panel-Veranstaltung
Der Faktor Mensch im wohnungswirtschaftlichen Klimaschutz: warum ein strukturelles ‚Weiter so‘ nicht mehr ausreicht.
In der Diskussion um die Energiewende geht es schon lange nicht mehr um das „ob“, sondern um das „wie“ – Die Ziele, den Energieverbrauch und CO₂-Emissionen zu reduzieren, könnten aktuell nicht relevanter sein. Gerade deshalb ist es wichtig, den bisherigen Fokus auf Bauphysik und Energietechnik der wohnungswirtschaftlichen Klimaschutzstrategien um den Faktor Mensch zu erweitern.
Mit Gästen aus Politik, Wohnungswirtschaft, Wissenschaft und Industrie wurden daher bei der diesjährigen Online-Diskussion die Themenbereiche Politik und Technologie insbesondere unter den Vorzeichen des Verbrauchsverhaltens und dessen Einfluss auf den Alltagsbetrieb der Energietechnik beleuchtet.
Rückblick
Von verlässlichen Rahmenbedingungen und einer Industrie, die liefert
Zu Beginn der Diskussion haben die vier Teilnehmer kurz ihre Hauptanliegen und Standpunkte dargelegt. Der Leiter des Fachgebiets Immobilienwirtschaft an der TU Darmstadt, Prof. Dr. Andreas Pfnür, betont, dass die Energiewende bisher ein rein technisches Problem war, der Faktor Mensch zu wenig mit einbezogen wurde.
Auch Dr. Alexander Renner, Referatsleiter im Bereich Energiepolitische Grundsatzfragen im Gebäudebereich, sieht im Ziel der Klimaneutralität bis 2045 vordergründig die sozialpolitische Komponente. Denn neben der finanziellen Frage muss vor allem auch Überzeugungsarbeit bei den Bürgern geleistet werden. Gerade die Aspekte Planungssicherheit und kommunale Wärmeplanung sind wichtige für Vermieter und Eigentümer.
Ingo Wöste, Geschäftsführer der WOGE Werdohl, betont besonders die Relevanz von verlässlichen Rahmenbedingungen der Politik, damit die Wohnungswirtschaft auf eine gewisse Planungssicherheit vertrauen kann. Zudem sagt er: „Wir müssen Klimaschutz mit Augenmaß betreiben.” Und weiter: „Ziele müssen erreichbar sein, damit sie ernsthaft angegangen werden.” Einen weiteren Punkt, für den er sich stark macht, sind funktionale Produkte aus der Industrie.
Dr. Dirk Then, Geschäftsführer der noventic group, betont, dass es für das globale Phänomen des Klimawandels, und damit auch für die Energiewende, keine Universallösung geben kann, die pauschal alle Herausforderungen und Fragen löst. Vielmehr sollte der Fokus auf der Summe aller Lösungen – von den großen bis hin zu den vielen kleinen, teils minimal-investiven – liegen, die es heute schon gibt und die funktionieren. All diese diversen, vielzähligen Ansätze schaffen im technologischen und wirtschaftlichen Wettbewerb den effizientensten Wirkungshebel für den Klimaschutz.
„Mieter sehen sich als Teil der Lösung” – Vernetzung und Digitalisierung für mehr Klimaschutz
Die zwei Welten – Technik und Mensch – sollten nicht länger getrennt betrachtet werden, sondern müssen zusammengebracht werden. Dr. Then betont: „Der Mensch als Verbraucher muss in der Erarbeitung von Klimaschutzstrategien und -lösungen stärker in den Fokus genommen werden.” Um Effizienz-Technologien wirklich optimal nutzen zu können, ist es wichtig, dass alle Beteiligten dazu auch befähigt werden – über digitale Assistenz-Routinen oder über intuitiv verständliche Apps. Als Beispiel benennt er die smarter Heizungssteuerung für Mehrparteienhäusern, die gerade die Unternehmen der noventic group gemeinsam mit dem Proptech tado° entwickeln. Dr. Pfnür verweist in einem kurzen Impuls auf die von ihm durchgeführte Studie "Rolle des Mieters": Bewohnerinnen und Bewohner sind mehrheitlich dazu bereit ihre Daten dafür zu teilen. Voraussetzung ist, dass sie auf diesem Weg zu mehr Klimaschutz beitragen und ihre Verbrauchskosten senken.
„Alle müssen mehr ins Gespräch kommen und eine gemeinsame Interessenbasis schaffen”
Die großen Herausforderungen der Energie- und Wärmewende liegen mittlerweile nicht mehr nur in den technischen Innovationen. Hier hat sich in den letzten Jahren schon vieles getan. Vielmehr muss allen Betetiligten die Sicherheit gegeben werden, dass die Investition in und die Gewöhnung an neue Effizienz-Technologien nachhaltig Bestand hat. Mieter und Hausbesitzer müssen hier gleichermaßen mitgenommen werden und Vertrauen in neue Techniken aufbauen. Die Verbindlichkeiten der politischen Rahmenbedingungen ist daher für die Schaffung von Vertrauen eine enorm wichtige Grundvoraussetzung.
Zudem müssen alle Akteure miteinander in den Austausch gehen: Wir müssen den Mut haben, losgelöst von Partikular-Perspektiven, kooperative Ansätze zu entwickeln. Genauso wie es nicht die eine Universallösung für die Energiewende gibt, gibt es auch nicht nur einen Kommunikationsansatz. Die involvierten Akteure müssen Beute-Gemeinschaften schaffen. Um die notwendige Investition zu akquirieren – aber auch, um die Akzeptanz in der Einführung und Betrieb der neuen Technologien zu sichern.