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Geringinvestive Maßnahmen im Fokus:
Digitale Lösungen für die Wohnungswirtschaft

Bei den Berliner Energietagen 2025 standen praxistaugliche und kosteneffiziente Technologien für den Gebäudebestand im Mittelpunkt. Experten aus der Wohnungswirtschaft zeigten auf, wie sich mit geringem Investitionsaufwand im wahrsten Sinne des Wortes messbare Energieeinsparungen erzielen lassen.

Die neue Bundesregierung bekennt sich zur Klimaneutralität Deutschlands bis 2045 – und den Beteiligten der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft ist klar: Der Weg dorthin kann nur über den Gebäudebestand führen. Wie dieser kostengünstig und effizient modernisiert werden kann, war Thema eines Online Events der Berliner Energietage 2025. Drei Experten teilten ihre Erfahrungen und Lösungsansätze für geringinvestive Maßnahmen, die sofort wirken, langfristig tragfähig und schnell umsetzbar sind.

Analyse vor Investition: Den Bestand verstehen

„Wir beschäftigen uns damit, wie man in großen Wohnungsbeständen Daten erheben, Synergien freisetzen und vor allem finanzielle Quick Wins heben kann, ohne extrem große Investitionen in die Hand nehmen zu müssen“, erklärte Immanuel Hengstenberg, Geschäftsführer der Energieberatung Senercon. Sein Unternehmen setzt auf digitale Lösungen zur Bestandsanalyse und betont die Bedeutung offener Schnittstellen bei der Datenerhebung.

Der Schlüssel liegt in der systematischen Auswertung vorhandener Daten. „Ein Energieausweis kann in die Tausende gehen“, so Hengstenberg, „aber durch digitale Tools können wir diese Datenerhebung mit einem Sanierungscheck kombinieren und erhalten sowohl auf Gebäude- als auch auf Portfolioebene eine klare Übersicht über Potenziale und Fördermöglichkeiten.“

Immanuel Hengstenberg, Geschäftsführer senercon

Hydraulischer Abgleich als Basis jeder Modernisierung

Dr. Bardia Rostami, Leiter Business Development bei KALO, stellte den adaptiven hydraulischen Abgleich über smarte Thermostate in den Mittelpunkt seiner Ausführungen. „Ein hydraulischer Abgleich über smarte Thermostate funktioniert derart, dass die Aufheizgeschwindigkeit der Heizkörper innerhalb eines Gebäudes im Informationsverbund abgeglichen wird“, erläuterte der promovierte Physiker. Das Prinzip ist einfach: Heizkörper im Erdgeschoss, die schnell aufwärmen, werden in ihrer Leistung reduziert, sodass mehr Wärme in die oberen Geschosse gelangt.

Hydraulischer Abgleich sorgt für gleichmäßige Wärmeverteilung im Gebäude: Während ohne Abgleich die Heizkörper unterschiedlich stark versorgt werden, führt der Abgleich zu einer bedarfsgerechten Verteilung der Wärme über alle Etagen hinweg.

„Das Ganze ist eine Retrofit-Lösung, was bedeutet, dass einzig die Thermostate an den Heizkörpern im Gebäude ausgetauscht werden“, betonte Rostami. Besonders interessant für die Wohnungswirtschaft: Die Maßnahme ist als Modernisierung aktivierbar und damit anders bilanziell zu betrachten als ein herkömmlicher hydraulischer Abgleich, der sofort fällig wird. „Die Bundesförderung für effiziente Gebäude fördert das Ganze zusätzlich, weil es eine Gebäudemodernisierung im sekundären Netz ist“, so Rostami.

Dr. Bardia Rostami, Leiter Business Development KALO

Praxiserfahrungen aus der Wohnungswirtschaft

Falco Hander, Team Lead Energy Management bei Heimstaden Germany, berichtete aus der Praxis des international tätigen Immobilienunternehmens. „Zunächst ist es wichtig, dass wir ein effizientes, ausgeglichenes Heizungssystem haben, bevor wir an irgendwelche energetischen Maßnahmen im Gebäude denken“, unterstrich Hander. Die Erfahrungen mit dem adaptiven hydraulischen Abgleich seien durchweg positiv: „Der Aufwand hält sich in Grenzen, es ist wesentlich unkomplizierter und auch mieterfreundlicher. Man ist vielleicht für 5 bis 10 Minuten in der Wohnung beim Mieter und hat dann noch ein paar Arbeiten im Keller.“

Falco Hander, Sustainability Manager & Engineer Heimstaden Germany GmbH

Besonders relevant für die Akzeptanz bei Mietern: „Wir haben festgestellt, gerade bei geringinvestiven Maßnahmen steht das Verhältnis Einsparung zur Modernisierungsumlage in einem guten Verhältnis, sodass die Mieter in der Regel nicht mehr zahlen müssen, als sie dann tatsächlich auch einsparen“, so Hander. Wichtig sei zudem eine umfassende Vorab-Information der Mieter, um Akzeptanz für die Vorhaben bereits im Vorfeld zu schaffen. „Dann hat man gute Chancen, dass auch die Mieter mitwirken.“ Hengstenberg ergänzte: „Wir wissen, was für Potenziale auch in kleinen Gebäuden existieren. Eine Studie des BDI hat gezeigt, dass 60 % aller Heizungsanlagen in Deutschland ineffizient arbeiten. Man muss sich mal vorstellen, was hier für ein riesiges Potenzial für die Mieter vorhanden ist. Es ist eine Win-win-Situation und da lohnt sich diese Technik. Deswegen finden wir den adaptiven hydraulischen Abgleich auch so spannend, weil er eine Skalierbarkeit von Klimaschutz und Digitalisierung ermöglicht.“

Digitales Monitoring für kontinuierliche Optimierung

Über den hydraulischen Abgleich hinaus präsentierte Dr. Rostami das Konzept des ganzheitlichen Heizungsmonitorings „HeatSense“. „Es geht darum, die Heizungsanlage gläsern zu machen, indem wir bestimmte Messpunkte in der Heizungsanlage aufsetzen“, erklärte er. Das System erfasst Temperaturen, Systemzustände und Durchflussmengen und generiert über KI-basierte Algorithmen Optimierungsvorschläge. „Wir haben ein Alert-System eingebettet, das Störmeldungen generieren kann, wenn eine Heizungsanlage ausfällt, aber auch präventiv Vorschläge unterbreitet, wenn die Anlage anfängt zu stottern“, so Rostami. Letztlich gehe es darum, weg von statischen Daten hin zu einer dynamischen Datenlage zu kommen, um einen CO2-Fahrplan über das entsprechende Portfolio abzubilden.

HeatSense passt sich den Bedürfnissen der Wohnungsunternehmen an – vom Einbau smarter Thermostate bis hin zur Einbettung von Smart Metering.

Fazit: Der Weg zur Klimaneutralität führt über den Bestand

Die Berliner Energietage 2025 machten deutlich: Geringinvestive Maßnahmen bieten der Wohnungswirtschaft einen praktikablen Weg zur CO2-Reduzierung. Hengstenberg sieht in der aktuellen Entwicklung eine historische Chance: „Wir haben das erste Mal die Möglichkeit, nicht eine Win-lose-Situation, sondern eine Win-win-Situation herzustellen. Mit skalierbaren Lösungen können wir jetzt viel gezielter in den Wohnungsbestand gehen.“

„Es geht um die Einsparung von CO2 und unser aller Zukunft“, fasste Dr. Rostami zusammen. „Das hat nichts mit dem Unternehmen zu tun und nichts mit dem, was drumherum passiert – das ist unsere Verpflichtung.“

Mit digitalen Technologien, systematischer Datenanalyse und intelligenten Heizungsoptimierungen lassen sich erhebliche Einsparungen erzielen, ohne Mieter zu belasten oder die Wirtschaftlichkeit zu gefährden. Der Schlüssel liegt in der richtigen Reihenfolge: Erst analysieren, dann optimieren, dann modernisieren.

Das gesamte Gespräch können Sie hier nochmals als Aufzeichnung verfolgen.

Die Berliner Energietage gelten als eine der wichtigsten Branchenveranstaltungen der deutschen Energiewirtschaft und finden jährlich in der Hauptstadt statt. Neben dem Austausch über aktuelle Entwicklungen stehen praktische Lösungen und Innovationen für die Energiewende im Fokus. www.energietage.de

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Nelly Bubenheim

Head of CSR, noventic group

Since July 2022, Nelly Bubenheim has been responsible for sustainability in the Group. This includes both the further development of the Group-wide sustainability strategy and reporting on activities and measures in this field.