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Hintergründe

Klimaintelligentes Wohnen

Die Klimapolitik der EU und ihre Umsetzung im Gebäudesektor

Zur Klimaschutzpolitik der Europäischen Union

Die Klimaschutzpolitik der Europäischen Union (EU) ist eines der mittlerweile wichtigsten, präsentesten und am stärksten öffentlich diskutierten Politikfelder der EU-Institutionen und Gegenstand vielfältiger EU-Rechtssetzung.

Begonnen hat die Klimaschutzpolitik der EU 1987 im Bereich und als Unterthema der Umweltpolitik der EU. Im „Vertrag von Lissabon“ von 2009 wurde erstmals auch der Klimaschutz als politisches Ziel in den EU-Vertrag aufgenommen. Die EU ist seitdem zu einer nachhaltigen Entwicklung verpflichtet und muss auf Umweltschutz sowie die Verbesserung der Umweltqualität hinwirken. Konkret hat man damals die Förderung von Maßnahmen auf internationaler Ebene, u.a. insbesondere zur Bekämpfung des Klimawandels in Art. 191 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der EU) aufgenommen. 2010 wurde erstmals auch das Amt eines EU-Kommissars für Klimaschutz geschaffen.

Das Energiepolitische Zieldreieck

Das energiepolitische Zieldreieck ist ein Konzept, das die drei Hauptziele der Energiepolitik definiert: Versorgungssicherheit, Umweltverträglichkeit und Wirtschaftlichkeit.

Versorgungssicherheit bezieht sich auf die Gewährleistung einer stabilen und zuverlässigen Energieversorgung für die Gesellschaft. Umweltverträglichkeit befasst sich mit dem Schutz der Umwelt und der Reduzierung von schädlichen Auswirkungen der Energieerzeugung auf Klima, Luft, Wasser und Ökosysteme. Wirtschaftlichkeit zielt darauf ab, die Energieversorgung so effizient und kostengünstig wie möglich zu gestalten, um Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit zu fördern. Das energiepolitische Zieldreieck stellt sicher, dass Entscheidungen im Energiebereich ein ausgewogenes Verhältnis zwischen diesen drei Zielen herstellen und mögliche Konflikte zwischen ihnen minimieren.

Auch gleichgerichtete energiepolitische Ziele, z.B. die Förderung von Energieeffizienz, von Energieeinsparungen und die Entwicklung neuer und erneuerbarer Energiequellen wurden seinerzeit dem AEUV hinzugefügt und bilden seitdem eine wichtige zusätzliche Legitimation für die Klimaschutzpolitik der EU.

Die Zwei-Grad-Obergrenze

Im Rahmen der Klimaschutzpolitik der Europäischen Union spielt die Zwei-Grad-Obergrenze eine zentrale Rolle. Das Ziel besteht darin, die globale Erwärmung auf maximal zwei Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Die EU hat sich verpflichtet, diese Obergrenze einzuhalten und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um den Klimawandel zu bekämpfen. Die Zwei-Grad-Obergrenze dient als Leitprinzip für die EU-Klimapolitik und ist Teil des umfassenderen Ziels, die Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen. Durch die Festlegung dieser Obergrenze trägt die EU zur globalen Anstrengung bei, die schwerwiegenden Folgen des Klimawandels einzudämmen und eine nachhaltige Zukunft zu schaffen.

Einige der wichtigsten Schlüsselmaßnahmen sind die Reduzierung von Treibhausgasemissionen, die Förderung erneuerbarer Energien und die Investition in nachhaltige Mobilität. Auch die Steigerung der Energieeffizienz spielt eine wichtige Rolle. Durch verbesserte Energieeffizienz in Industrie, Gebäuden und Verkehr kann der Energieverbrauch reduziert und somit der Ausstoß von Treibhausgasen verringert werden. Dies umfasst die Förderung energieeffizienter Technologien, Gebäudesanierungen und die Verbesserung der Energieeffizienzstandards.

Der Europäische Green Deal

Klimaschutzpolitische Neuerungen bzw. Beschlüsse werden in der EU häufig im Rahmen sogenannter politischer „Programme“ und „Pakete“ umgesetzt, die in der Umsetzung als Veränderung zahlreicher bestehender oder auch der Neuschaffung einzelner Rechtsakte durchgeführt werden. Das letzte große klimaschutzpolitische Programm war Mitte 2019 der „Europäische Green Deal“, mit dem der Übergang zu einer modernen, ressourceneffizienten und wettbewerbsfähigen Wirtschaft geschafft werden sollte und soll.

Ziele waren hierbei bis 2050 keine Netto-Treibhausgase mehr auszustoßen, Wachstum von der Ressourcennutzung abzukoppeln und dabei niemanden, weder Menschen noch Regionen, im Stich zu lassen. Dabei wurden Investitionen in Höhe von ca. 600 Mrd. EUR für die Finanzierung des Green Deals angekündigt. Für den Gebäudesektor wurde im Rahmen des Green Deals die „Renovation Wave“ als Strategie vorgestellt, um die gesetzten Ziele aus dem Green Deal zu erreichen. Kernziel ist die Senkung der Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 % gegenüber 1990. Dazu hatte die EU-Kommission in der ersten Jahreshälfte 2021 im entsprechend „Fit for 55“ genannten Paket insgesamt 12 konkrete Vorschläge für eine neue Klima-, Energie-, Verkehrs- und Steuerpolitik vorgelegt, auch für Gebäude.

Für den Gebäudesektor waren 2021 im „Fit for 55“-Paket vor allem drei wichtige Maßnahmen angekündigt worden:

1.     Eine Grundsatzentscheidung darüber, ob die Sektoren Gebäude und Verkehr in den Europäischen Emissionshandel (ETS) integriert werden sollten oder ein neues zusätzliches Emissionshandelssystem für diese beiden Sektoren etabliert werden sollte.

2.     Eine Überarbeitung der EU-Energieeffizienzrichtlinie (EED) im Hinblick auf die politischen Ziele der EU und

3.     Eine Überarbeitung der EU-Richtlinie über die Gesamtenergie von Gebäuden (EPDB).

Die EU-Energieeffizienzrichtlinie (EED)

Die Energieeffizienzrichtlinie der Europäischen UnionEnergy Efficiency Directive – EED ist eine wichtige rechtliche Grundlage für den Gebäudesektor. Die EED zielt darauf ab, Energieeinsparungen zu fördern und wurde 2012 eingeführt. Im Jahr 2018 wurden Änderungen an der Richtlinie vorgenommen, um die politischen Energieeffizienzziele für 2030 zu unterstützen. Diese Änderungen umfassten unter anderem die Verpflichtung zur Installation von fernauslesbaren Verbrauchserfassungsgeräten in Neubauten und modernisierten Gebäuden sowie die Bereitstellung von monatlichen Verbrauchsinformationen für Bewohner, sofern die Geräte installiert sind.

Die EED wird derzeit erneut novelliert, um die Klimaschutzziele für 2030 und die Treibhausgasneutralität für 2050 festzulegen.

Lesen Sie mehr zur Energieeffizienzrichtlinie der Europäischen Union.

Die EU-Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD)

Auch die EU-Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von GebäudenEnergy Performance of Buildings Directive – EPBD wird aktuell und grundlegend überarbeitet. Der Novellierungsprozess befindet sich derzeit im Trilogverfahren, d.h. die beteiligten EU-Organe (EU-Kommission, EU-Rat und EU-Parlament) verhandeln untereinander ihre bislang vorgelegten Positionen.

Ein Ziel der Novellierung ist, in Europa bis 2050 zu einem emissionsfreien und vollständig dekarbonisierten Gebäudebestand zu gelangen, u.a. durch Erhöhung der Sanierungsquote, wodurch der Bestand resilienter werden soll. So soll auch die Digitalisierung der Energiesysteme für Gebäude gefördert werden, ebenso der Ausbau der Infrastruktur für nachhaltige Mobilität. Lesen Sie mehr zu den aktuell diskutierten Positionen der EPBD.

Die Erweiterung des europäischen Emissionshandels (ETS) auf die Sektoren Gebäude und Verkehr

Der europäische Emissionshandel ist ein marktbasiertes Instrument zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen in der Europäischen Union. Unternehmen erhalten eine begrenzte Menge an Emissionszertifikaten, die sie kaufen, verkaufen oder handeln können. Dies schafft Anreize für Unternehmen, ihre Emissionen zu senken und fördert die Entwicklung von kohlenstoffarmen Technologien.

Ein zweiter neuer Emissionshandel (ETS II) wird für CO₂-Emissionen im Straßenverkehr und von Gebäuden bis 2027 eingeführt. Nach Abschluss des EU-Gesetzgebungsverfahrens betreffend den Richtlinienvorschlag der EU-Kommission zur Änderung der Emissionshandelsrichtlinie wird künftig auch der Brennstoffemissionshandel für die Sektoren Gebäude und Straßenverkehr unionsrechtlich vorbestimmt sein. Die Bundesregierung beabsichtigt, das deutsche Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) auf seine Kompatibilität mit dem ETS II zu überprüfen und gegebenenfalls so anzupassen, „dass ein möglichst reibungsloser Übergang gewährleistet ist“. Mit welcher Ausgestaltung im Detail der ETS II eingeführt wird und welche Auswirkungen zu erwarten sind, ist derzeit noch nicht sicher absehbar.

Ein Teil der Einnahmen aus dem ETS II soll zwingend für den Gebäudesektor und den Straßenverkehr vorgesehen werden, um soziale Härten für finanzschwächere Privathaushalte, Kleinstunternehmen und Verkehrsteilnehmer abzufedern und einer Energie- und Mobilitätsarmut entgegenzuwirken (Klima-Sozialfonds).

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Thies Grothe

Head of Public Affairs, noventic group

Als zugelassener Rechtsanwalt mit den Tätigkeitsschwerpunkten Energiewirtschafts- und Energieeinsparrecht für Gebäude begleitet Thies Grothe seit 2019 die Hamburger noventic group als Head of Public Affairs bei allen relevanten Rechtsänderungen. Er vertritt die Interessen der Unternehmensgruppe gegenüber Politik und Verwaltung und arbeitet in verschiedenen Verbänden mit.

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