Presse-Review
Die ehemalige Kalo-Urbana-Unternehmensgruppe entwickelt sich zu einem Datendienstleister für die klimaintelligente Steuerung von Immobilien mit dem Fokus darauf, Wohnungen und Gebäude zu digitalisieren. Armin Leßner, ZfK sprach mit dem Vorsitzenden der noventic-Geschäftsführung, Jan-Christoph Maiwaldt.
Armin Leßner: Wird 2018 für Sie genauso ereignisreich wie 2017, nachdem das Unternehmen eine starke Veränderung im vergangenen Jahr erfuhr?
Jan-Christoph Maiwaldt: Nein, nicht in dem Umfang. Was uns mit dieser Transformation in unserer Unternehmensgruppe im Jahr 2017 gelungen ist, das bekommt man eigentlich nur einmal im Leben hin. Da müssen viele Dinge zusammenkommen, da muss man Glück haben und es muss sich ein Fenster im Markt öffnen, um solche Bewegungen machen zu können. Und natürlich klappte dies auch nur, da wir an dieser strategischen Fokussierung schon seit mehreren Jahren arbeiten. 2018 werden wir daran arbeiten, unsere Unternehmen zusammenzubringen. Zudem wollen wir die Unternehmensgruppe so aufstellen, dass sie und vor allem die Produkte und Angebote für alle Kundengruppen wahrnehmbar werden.
Zur Erinnerung: Sie haben sich am Smart-Meter-Gateway-Betreiber PPC beteiligt, haben den Messgerätehersteller Qundis, den End-to-End-Selbstabrechner Smarvis und die Immobilien-Datenplattform Keep Focus unter das Dach der Noventic Group gebracht. Nicht zu vergessen, Ihre bisherigen Unternehmen, den Messdienstleister Kalo und den Forderungsmanager IKW – erklären Sie uns die Unternehmensstrategie?
Wir haben uns vor einigen Jahren ein neues Leitbild gegeben: Wir wollen als Unternehmensgruppe der Wegbereiter für die klimaintelligente Steuerung der Immobilien sein und dabei unseren Fokus darauf legen, Wohnungen und Gebäude zu digitalisieren. Zur Erläuterung: Bei Immobilien bewegen wir uns häufig in einem sehr regulierten Bereich. Bei Neubauten werden zum Beispiel erfolgreich neue Richtlinien vorgegeben, um eine CO2-Einsparung zu erreichen. Doch was ist mit dem vom Vorkommen ungleich größeren Gebäudebestand? Vor dem Hintergrund unserer realen Sanierungsquoten liegt, wenn wir die Klimaziele 2050 tatsächlich erreichen wollen, hier die wahre Herausforderung. Und genau da setzt unser Leitbild an. Wir glauben nicht an investive, analoge Maßnahmen, wie zum Beispiel den sofortigen Einbau einer neuen Heizanlage oder zusätzlicher Dämmung. Wir glauben, dass sich auch über den digitalen Pfad, also über die bestehende Messinfrastruktur und neue Sensorik- und Aktorik-Ergänzungen, große Einsparungen geringinvestiv erzielen lassen.
Wie stellen Sie sich das vor?
Laut heutiger Heizkostenverordnung werden die entstandenen Verbrauchskosten einmal pro Jahr verteilt. Wir arbeiten darauf hin, den Nutzern einer Wohnung unterjährig Verbrauchsinformation zukommen zu lassen und diese so mehr zu digitalisieren. Denn nur über diese Daten können, so unsere Einschätzung, die Nutzer der Wohnung ein neues, energiesparenderes Verhalten entwickelt. Darüber hinaus können diese Daten auch zur Optimierung der bestehenden Energieinfrastruktur genutzt werden.
Von welchem Einsparpotenzial gehen Sie aus?
Wir gehen bei geringinvestiven Maßnahmen über das Messen und Analysieren von Verbrauchsdaten von Einsparungen von zehn bis 15 Prozent aus – in Bestandsgebäuden.
Wie sieht ihr Zielszenario aus?
Wir sehen den Trend, dass alle Daten rund um das Haus in einem Pool gesammelt werden. Das Submetering, also beispielsweise die Wärmeverbrauchsdaten aus der Wohnung, wird mit dem Metering, also der Datenerfassung von Strom-, Wasser- oder Gaszählern, zusammengeführt – heute ist dies strikt getrennt in Sparten. Die Trennung wollen wir aufheben und die gesamte Messinfrastruktur zusammenbringen, um einmal Aufwände zu sparen, darüber hinaus neue Effizienzen zu heben und die Wohnungen zu digitalisieren. Denn mit dem Smart Meter Gateway haben wir nun die Basis für eine sichere Kommunikation nach außen. Die im Haus generierten Daten sammeln wir dann auf einer Plattform, bereiten sie auf und stellen sie den Kunden zur Verfügung.
Es ist also ein Kampf um die Daten im Gange. Wer wird gewinnen?
Das ist so nicht richtig, es geht uns nicht um die Herrschaft über die Daten. Wir stellen die Infrastruktur für Datentransfers rund um Immobilien zur Verfügung und wir zeigen die spartenübergreifenden Zusammenhänge auf. Die Datenhoheit bleibt in der Hand derer, die sie liefern: Einerseits die Mieter, die dann den Anspruch haben, ihre eigenen Daten zu nutzen, um bessere Informationen für ein energiesparendes Verhalten zu bekommen. Aber auch die Daten der Wohnungswirtschaft, die ihr zustehen. Wir sind nicht der Herr der Daten, das ist zu kurz gesprungen. Wir wollen sicherstellen, dass diejenigen, die Daten zur Verfügung stellen, auch den Nutzen daraus ziehen und so Wohnungen sinnvoll digitalisieren.
Wer sind Ihre Kunden für die Daten?
Unsere Kunden können Stadtwerke sein oder die Wohnungswirtschaft. Noch einmal: Es geht einfach um Schnittstellen, es geht um das Organisieren von Datenzugriffen. Wir müssen endlich aus dem Denken von einzelnen Sparten herauskommen. Spartenübergreifende Funktionalität wird wichtig sein für die Zukunft. Dadurch werden Barrieren abgebaut, um letztendlich Immobilien und Wohnungen effizient zu digitalisieren und intelligent zu bewirtschaften. Wichtig ist uns deshalb, mit allen Playern im Markt gut zusammenzuarbeiten. Bei dem Anspruch der klimaintelligenten Steuerung von Immobilien braucht es das Zusammenwirken von allen. Einer allein kann das nicht stemmen, dafür ist das System zu komplex.
Im Rahmen der Transformation im vergangenen Jahr wurde Urbana verkauft. Wieso?
Wir haben Urbana in den vergangenen 50 Jahren erfolgreich entwickelt. Im Rahmen unserer Strategie-Entwicklung haben wir überprüft, welche Unternehmensteile dem Leitbild entsprechen. Bei Urbana hatten wir einen hohen Anteil an fossil befeuerten Einzelanlagen und dies kann kontraproduktiv zu unseren Entwicklungen stehen. Ich glaube, es macht nicht ewig Sinn, mit Gasmotoren Strom zu erzeugen – zumindest nicht, das Eigentum daran zu halten. Da fehlt mir einfach die Fantasie. Und wir hatten bei Urbana viele Blockheizkraftwerke im Portfolio.
Zeitung für kommunale Wirtschaft Ausgabe 2/18, 13